Verschiedene Zeitstrukturen für Barcamps und Online-Barcamps
Stellschrauben und Vorlagen für zeitliche Anpassungen des Unkonferenz-Formats – Ein Artikel von Jöran Muuß-Merholz
Ein Barcamp geht von morgens bis abends, jede Session dauert 45 Minuten, und alle Sessions müssen zu Beginn vorgestellt werden. Oder? Es geht auch anders. Es ist gerade eine große Stärke des Barcamp-Formats, dass es flexibel angepasst werden kann. Wir zeigen die wichtigsten Stellschrauben für Barcamps und Online-Barcamps. Dazu gibt es Tabellen mit Muster-Zeitstrukturen zum Download.
Prototypische Zeitstruktur für ein Barcamp
Unten wird zunächst eine typische Zeitstruktur für eine Barcamp vorgestellt. Sie dient nicht zwingend als Vorbild, sondern als Ausgangspunkt und als Gerüst, bei dem man jedes einzelne Element verändern kann. Auch wenn es eine typische Barcamp-Taktung gibt, so gilt gleichzeitig: Ein Barcamp MUSS gar nichts (außer das Programm von den Teilnehmenden gestalten lassen). Zahlreiche Stellschrauben lassen sich individuell an Zielsetzungen und Rahmenbedingungen anpassen. Deswegen werden im übernächsten Abschnitt die großen Stellschrauben zusammen mit praktischen Hinweisen aufgeführt.
Element | Dauer | Details, Stellschrauben |
Ankommen | 1:00 | Barcamps planen eher eine lange Dauer für das Ankommen ein, das häufig mit Frühstück verbunden ist. |
Auftakt und Kennenlernen | 0:30 bis 1:00 | Hierzu gehören z.B. Begrüßung, Aufwärmen, organisatorische Klärungen und eine Vorstellungsrunde. |
Einführung und Sessionplanung | 0:45 bis 1:15 | Hierzu gehört auch die Einführung in die Methode Barcamp (ca. 30 Min.). Die Dauer der Planung ist stark von der Größe abhängig. Faustformel: 1 Min. pro erwartete Session. |
Sessions | ca. 4 x 1:00 | Typischerweise: 45 Min. Sessiondauer plus 15 Min. Raumwechselpause, drei bis sechs Mal wiederholt. Die Sessiondauer kann variiert werden, beispielsweise auf 25 oder 60 Minuten. |
Pausen | 0:30 bis 1:30 | Bei 45 Min. Sessiondauer sollte nach 2, spätestens nach 3 Sessions eine längere Pause eingeplant werden. |
Abschluss | 0:10 bis 1:00 | Je nach Zielsetzung der Veranstaltung braucht es am Ende eine Zusammenführung der Ergebnisse im Plenum (oder auch nur einen Abschied). |
Ausklang/Abendprogramm | offen | Je nach Veranstaltung gibt es gar keinen Ausklang, ein Get-Together oder ein Abendprogramm. |
Stellschrauben: Anpassungen der Zeitstruktur eines Barcamps
Was die Zeiten eines Barcamps angeht, so lassen sich verschiedene Stellschrauben drehen. Die folgende Checkliste sammelt die wichtigsten Punkte:
- Gesamtdauer: Die Gesamtdauer ist i.d.R. durch äußere Faktoren vorgegeben. Wenn ein Barcamp online durchgeführt wird, entfallen einige dieser Faktoren wie Reisezeiten, Übernachtung etc., so dass auch längere und kürzere Gesamtzeiten möglich sind, beispielsweise gestreckt über eine Woche oder länger (dafür nicht ganztägig) oder als schnelles, kurzes Format über nur 3 Stunden.
- Sessiondauer: Eine Sessiondauer kann auf Geschwindigkeit und schnelle Wechsel orientiert sein, z.B. mit 20 Minuten pro Session. Oder Sessions können lange dauern, wenn z.B. gemeinsam an Projekten gearbeitet wird, bis hin zu mehreren Stunden. Weil bei Online-Barcamps die Wechsel zwischen Sessions in sekundenschnelle geschehen kann, lassen sich kürzere Sessiondauern einfacher umsetzen.
- Pausendauer: Pausen sind bei Barcamps nicht einfach die Zeit, in der „nichts“ stattfindet. Stattdessen findet häufig ein ähnlich wichtiger Austausch wie in den Sessions statt, nur in kleineren und dezentraleren Gesprächen bei Kaffee oder Tee. Bei Online-Barcamps sollte bedacht werden, dass „richtige“ Pausen und Vernetzungsaktivitäten zwei unterschiedliche Ziele verfolgen und ggf. gesondert eingeplant werden müssen.
- Sessionvorstellungen: Die Sessionvorstellungen, auch „Session Pitches“ genannt, findet typischerweise zu Beginn eines Tages statt. Bei ganztägigen Veranstaltungen können zusätzliche plenare Phasen, z.B. nach einer Mittagspause eingeplant werden. Für Online-Barcamps entfällt der Aufwand, der mit dem Versammeln in einem Raum und dem Wechsel in die Sessionräume entsteht. Deswegen lassen sich die Sessionvorstellungen hier alternativ aufteilen. Es gibt gute Erfahrungen damit, zu Beginn jedes Sessionblocks eine Runde an Sessionvorstellungen zu machen, die sich immer nur auf die jetzt anstehenden Sessions bezieht.
- unterschiedliche Sessiondauer: Wie oben beschrieben kann es sowohl „Speed-Sessions“ (z.B. 20 Minuten) als auch „Marathon-Sessions“ (z.B. 2,5 Stunden) geben. Prinzipiell lassen sich bei einem längeren Barcamp auch unterschiedliche Sessiondauern verbinden, beispielsweise mit mehreren Speed-Sessions am Vormittag und einer Marathon-Session am Nachmittag. Nicht empfehlenswert sind unterschiedlich lange Dauern, die gleichzeitig stattfinden, also beispielsweise 2-stündige Sessions parallel zu mehreren 30-minütigen Sessions zu legen. Hier wird die Struktur schnell unübersichtlich. Zudem neigen Teilnehmende dazu, die längeren Sessions in diesem Format zu vernachlässigen, weil sie sonst „zu viel anderes verpassen“.
- Kombination mit anderen Formaten: Das Barcamp-Format kann gut mit anderen Formaten kombiniert werden. Beliebt ist das Format, bei dem eine eröffnende Keynote den gemeinsamen Auftakt bildet und anschließend in den Barcamp-Modus gewechselt wird. Es kann auch eine Phase von vorab geplanten Workshops und Vorträgen geben, danach eine Phase von Barcamp-Sessions. Die Erfahrungen mit einer Mischung der Formate sind weniger gut, wenn vorab geplantes Programm und Sessions parallel zueinander stattfinden. Viele Teilnehmende neigen dann zu dem (vermeintlich) „sicheren“ Programm. Deswegen gilt: Das Barcamp-Format kann gut mit anderen Formaten kombiniert, sollten aber nicht damit vermischt werden.
Wichtig: Puffer nach der Sessionplanung!
Die Sessionplanung ist das zeitlich unvorhersehbarste Element der Zeitplanung. Man kann vorab nicht wissen, wie viele Sessions vorgestellt werden, wie zügig die Vorstellung läuft und ob der Sessionplan schnell finalisiert werden kann oder ob es zusätzlichen Klärungsbedarf gibt. Vor diesem Hintergrund sollte unbedingt eine längere Pausenzeit nach der Sessionplanung vorhanden sein, die auch als Puffer verwendet werden kann. Falls die Sessionplanung länger dauert, kann die Pause entsprechend gekürzt werden. Und falls es Komplikationen beim Fertigstellen des Sessionplans gibt, können die Teilnehmenden schon in die Pause entlassen werden und den Sessionplan am Ende der Pause bekommen. Plant man an dieser Stelle keinen Puffer ein, so kann es bei einer längeren Sessionplanung passieren, dass die ersten Sessions zu spät anfangen, sodass entweder diese darunter leiden oder die Zeitstruktur für den ganzen Tag ins Wanken gerät.
Materialien zum Download:
Dieses Material wurde in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) erstellt.
Lizenz
Urheberinnen dieses Materials: „Jöran Muuß-Merholz / Agentur J&K – Jöran und Konsorten unterstützt durch Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)“ | https://selbstlernen.net | Lizenz zu diesem Material: CC BY 4.0